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OR 271 f., OR 272, OR 272b Abs. 1

ZMP 2018 Nr. 16: Sanierungskündigung bei der Miete von Geschäftsräumen. Kriterien für die Gültigkeit der Kündigung und die Erstreckung des Mietverhältnisses.

10.04.2018 | MB170023-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Bringt eine geplante Sanierung Eingriffe in die Bausubstanz und die Fläche des Mietverhältnisses mit sich, so ist die zu diesem Zweck ausgesprochene Kündigung gültig. Denkmalpflegerische Auflagen ändern daran nichts, soweit sie die Realisierung des Projektes nicht infrage stellen. Ein Angebot des Mieters, die Sache während der Bauarbeiten zu verlassen, kann zur Anfechtbarkeit der Kündigung führen. Es muss aber frühzeitig erfolgen und so konkret sein, dass es der Vermieterin die Gewähr gibt, auf erstes Verlangen mit den Bauarbeiten beginnen zu können (MG, E. 4).

Hängen die Existenz des Gewerbebetriebs des Mieters und damit dessen Existenzgrundlage und die Erhaltung der entsprechenden Arbeitsplätze von den gemieteten Räumen ab, ist eine erhebliche wirtschaftliche Härte zu bejahen. Auch wenn der Geschäftsbetrieb nur teilweise von Laufkundschaft abhängt, bringt dies eine gewisse Standortverbundenheit mit sich, so dass dem Mieter nicht zugemutet werden kann, mit seinem Betrieb die Stadt zu verlassen. Offen bleibt die Relevanz von Investitionen des Mieters für dessen Härte: Grundsätzlich ist aus Sicht beider Instanzen eine Würdigung der gesamten Umstände entscheidend, insbesondere ob der Mieter die Beendigung des Mietverhältnisses im Zeitpunkt der Investition voraussehen und ob er der Investition aufgrund des Vertrages ausweichen konnte sowie ob er bei Beendigung der Miete mit einer Entschädigung rechnen darf. Die Frage bleibt im konkreten Fall letztlich offen, weil eine Abschreibung des Restwerts der Investitionen jedenfalls mit der schon aus anderen Gründen zu gewährenden Erstreckung möglich ist (MG, E. 5.2; OG, E. III.3.2). Bei der Beurteilung der Suchbemühungen ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Parteien noch während des Verfahrens über eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach dem Umbau verhandelt haben. Nicht nur bei der Bemessung der Erstreckungsdauer, sondern auch bei der Wahl der Erstreckungsart ist den gesamten Umständen Rechnung zu tragen. Die Gerichte verfügen über ein breites Ermessen, in welches die Rechtsmittelinstanz nur zurückhaltend eingreift. Dass für das Sanierungsprojekt bereits eine Baubewilligung vorliegt, spricht nicht per se dagegen, dem Mieter die Möglichkeit einer zweiten Erstreckung offen zu lassen. Zwar ist die Planungssicherheit für den Vermieter ein wichtiger Aspekt. In die Beurteilung einzubeziehen sind aber auch alle übrigen Umstände, namentlich die Art und Dringlichkeit der anstehenden Arbeiten. Wann mit dem Auszug anderer Mietparteien im Haus gerechnet werden kann, ist für den Erstreckungsentscheid grundsätzlich nicht von erheblicher Bedeutung.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

10.04.2018

MB170023-L

OR 271 f.
OR 272
OR 272b Abs. 1

NG180005-O

Zitiervorschlag:

OGer ZH XX110001 vom 01.01.2011