Zürcher Mietrechtspraxis (ZMP) - Jahrgang 2024

OR 253a Abs. 1, OR 262 Abs. 3, OR 269 f., OR 269d Abs. 3, OR 271 ff., OR 273c OR, DSG 31 Abs. 2 lit. a

ZMP 2024 Nr. 9: Einführung von Belegungsvorschriften, Beschränkungen der Untermiete und Einkommensgrenzen sowie Erlangung einer Zustimmung zur Datenbearbeitung auf dem Weg der einseitigen Vertragsänderung.

19.08.2024 | BGer 4A_82/2024 | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Das Bundesgericht beurteilt die Einführung eines Vermietungsreglements durch die Stadt Zürich auf dem Wege einer einseitigen Vertragsänderung als zulässig, insbesondere die Beschränkung des Rechts zur vollständigen Untervermietung der Sache (E. 3.3.1), die Belegungsvorschriften (E. 3.3.2), die Einführung wirtschaftlicher Kriterien als Anlass zur Kündigung (E. 3.3.3) und die einseitige Erlangung einer Bewilligung zur Datenbearbeitung (E. 3.3.4). Die Stadt Zürich habe ein legitimes Interesse an diesen Beschränkungen und folglich auch an der vorgesehenen Datenerhebung, da es «sich um mit öffentlichen Mitteln verbilligte Wohneinheiten der öffentlichen Hand» handle.

Zur Frage, ob sich der Prozess um mit öffentlichen Mitteln verbilligte Wohneinheiten dreht, s. die redaktionellen Anmerkungen zum bundesgerichtlichen Urteil im Anschluss. Zum besseren Verständnis werden auch die kantonalen Entscheide aus ZMP 2023 Nr. 8 nochmals wiedergegeben.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

19.08.2024

BGer 4A_82/2024

OR 253a Abs. 1
OR 262 Abs. 3
OR 269 f.
OR 269d Abs. 3
OR 271 ff.
OR 273c OR
DSG 31 Abs. 2 lit. a

OR 269a lit. b und e, OR 269d, OR 270b, OR 270e, VMWG 18, ZPO 92

ZMP 2024 Nr. 8: Aufeinanderfolgende Mietzinserhöhungen. Streitwert des Anfechtungsverfahrens bei unangefochten gebliebener zweiter Erhöhung.

28.05.2024 | MJ240030-L/Z1 | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Ficht der Mieter eine erste Erhöhung an, nicht aber eine zweite, die während der Dauer des Verfahrens von der Vermieterin gestützt auf Kostenveränderungen oder den Teuerungsausgleich auf der Grundlage des Resultates ihrer ersten Erhöhung ausgesprochen wird, so dürfen beide Seiten die zweite Erhöhung nach Treu und Glauben nur so verstehen, dass sie später um das Resultat der ersten Anfechtung zu korrigieren ist. Durch einen Verzicht auf eine Anfechtung der zweiten Erhöhung verliert der Mieter einzig das Recht, den prozentualen Umfang der zweiten Erhöhung nachträglich wieder infrage zu stellen. Steht das Ergebnis des Anfechtungsverfahrens über den ersten mitgeteilten Nettomietzins einmal fest, ist der Nettomietzins auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der zweiten Erhöhung anhand des Verhältnisses der beiden mitgeteilten Nettomietzinse im Formular der zweiten Erhöhung zu berechnen. Der Streitwert des Anfechtungsverfahrens wird daher von der Tatsache der unangefochten gebliebenen zweiten Erhöhung nicht tangiert und beläuft sich wie sonst auch auf den 20-fachen Betrag der verlangten jährlichen Mietzinserhöhung.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Verfügung

28.05.2024

MJ240030-L/Z1

OR 269a lit. b und e
OR 269d
OR 270b
OR 270e
VMWG 18
ZPO 92

OR 257f, OR 271, ZPO 69 Abs. 1, ZPO 135

ZMP 2024 Nr. 7: Ordentliche Kündigung wegen Pflichtverletzungen oder zur Wiederherstellung des Hausfriedens. Abweisung eines Verschiebungsgesuchs trotz an sich zureichender medizinischer Gründe wegen Dringlichkeit des Prozesses.

11.03.2024 | MJ230028-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Die ordentliche Kündigung des Vermieters als Reaktion auf Pflichtverletzungen oder zur Wiederherstellung des Hausfriedens setzt zwar keine Abmahnung und auch keine umfassende Untersuchung durch die Vermieterin voraus. Diese muss aber sicherstellen, dass die Kündigung in loyaler Weise, insbesondere nicht lediglich wegen einer Bagatelle erfolgt. Sie hat daher die Beteiligten vor der Kündigung zu kontaktieren und den Dingen nachzugehen, soweit es das beschränkte Instrumentarium zulässt, das ihr zur Verfügung steht. Stellt sich heraus, dass die gekündigte Mietpartei zumindest einen nicht unerheblichen Anteil an den Störungen hat, ist eine ordentliche Kündigung gültig (E. 4).

 

Ist es im Kündigungsschutzverfahren sowohl in der Schlichtungsphase als auch vor Gericht bereits mehrmals zu Verschiebungen von Verhandlungen gekommen und ist der Kündigungstermin bereits verstrichen, kann ein weiteres Verschiebungsgesuch wegen Dringlichkeit des Falles abgewiesen werden. Soweit die betroffene Partei einen Rechtsvertreter bestellt hat, entspricht es der Regelung von Art. 69 ZPO, dass in Anwesenheit desselben gültig verhandelt werden kann, auch wenn die betroffene Partei auf ihrer Teilnahme bestanden hat, dazu aber aus medizinischen Gründen nicht innert nützlicher Frist in der Lage ist (E. 3.2).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

11.03.2024

MJ230028-L

OR 257f
OR 271
ZPO 69 Abs. 1
ZPO 135

OR 271 Abs. 1 ZGB 2 Abs. 2

ZMP 2024 Nr. 6: Festhalten an einer Sanierungskündigung trotz hinreichender Auszugsgarantie ist nicht mit Treu und Glauben zu vereinbaren.

19.02.2024 | MJ230057-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Das Festhalten an einer Sanierungskündigung der Vermieterin trotz entsprechender Auszugsgarantie des Mieters kann eine nutzlose Rechtsausübung darstellen, die nicht mit dem Grundsatz von Treu und Glauben zu vereinbaren ist und somit zur Aufhebung der Kündigung führt. Die Garantie muss in Form einer verbindlichen und vorbehaltslosen Zusage des Mieters ergehen, gemäss welcher er für die Dauer der Sanierungsarbeiten das Mietobjekt freigibt und auf weitere Ansprüche verzichtet. Sie muss inhaltlich genügend bestimmt und ernsthaft formuliert sein. Mit dem Vorliegen einer hinreichenden Auszugsgarantie wird das Interesse der Vermieterschaft an der Auflösung des Mietverhältnisses hinfällig. Die Auszugsgarantie kann auch nach der Sanierungskündigung abgegeben werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Mieter dazu zuvor keine Möglichkeit hatte. Eine Garantie ist nur beachtlich, wenn die Kündigung fristgerecht angefochten wurde.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

19.02.2024

MJ230057-L

OR 271 Abs. 1 ZGB 2 Abs. 2

OR 257f Abs. 3, OR 262

ZMP 2024 Nr. 5: Ausserordentliche Kündigung nach vertragswidriger gewerblicher Untervermietung von Wohnungen über Buchungsplattformen.

07.02.2024 | MJ230070-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Während die gelegentliche Vermietung einer Mietwohnung über Buchungsplattformen vom vertraglich vereinbarten Wohnzweck gedeckt und damit nach der teilzwingenden Regelung von Art. 262 OR zulässig ist, stellt die gewerbliche Untervermietung ohne Zustimmung der Vermieterin eine Vertragsverletzung dar. Die Vermieterin kann den Mietvertrag daher nach einer Abmahnung gestützt auf Art. 257f Abs. 3 OR ausserordentlich kündigen.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

07.02.2024

MJ230070-L

OR 257f Abs. 3
OR 262

OR 257, OR 257c, OR 257d, SchKG 102 Abs. 3, VZG 16 ff.

ZMP 2024 Nr. 1: Rechtsnatur von periodisch geschuldeten Mietzinsen. Schicksal von Stundung und Erlass künftiger Mietzinsforderungen nach Eintritt einer betreibungsamtlichen Zwangsverwaltung wegen Pfändung der Mietliegenschaft. Prozessstandschaft des Betreibungsamtes.

20.12.2023 | MJ230001-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Periodisch zu entrichtende Mietzinse sind keine einheitliche, für die ganze Dauer des Mietverhältnisses feststehende, in Raten fällig werdende Forderung. Vielmehr entstehen sie mit jeder Zahlungsperiode neu. Eine Verfügung über künftige Mietzinsforderungen etwa in Form einer Verrechnung, Zession, einer Stundung oder eines Erlasses ist zwar grundsätzlich zulässig. Sie ist aber nur wirksam, wenn der Vermieter zur Zeit der Entstehung der Forderung darüber noch die Verfügungsmacht hat. Dies ist nicht mehr der Fall, nachdem im Zuge einer Pfändung eine Zwangsverwaltung der Liegenschaft durch das Betreibungsamt eingesetzt hat. Eine Zahlungsverzugskündigung ist daher unabhängig davon gültig, ob eine Stundungs- oder Erlassabrede vor oder nach Eintritt der Zwangsverwaltung getroffen wurde.

 

Das Betreibungsamt nimmt während der Zwangsverwaltung die Rechte des Vermieters in eigenem Namen wahr – auch im Interesse der Gläubiger – und ist daher im Kündigungsschutzverfahren Prozessstandschafter.

 

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

20.12.2023

MJ230001-L

OR 257
OR 257c
OR 257d
SchKG 102 Abs. 3
VZG 16 ff.

OR 257e, OR 125 Ziff. 1 und 2, FusG 22, ZPO 84 Abs. 4, ZPO 133 ff., ZPO 147 Abs. 1, ZPO 234

ZMP 2024 Nr. 3: Nicht korrekt angelegtes Mietzinsdepot. Verrechnungsverbot gegenüber dem Herausgabeanspruch. Fusion einer Partei im laufenden Verfahren. Säumnis im vereinfachten Verfahren.

01.11.2023 | MJ220072-L/U | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Der Vermieter, der den ihm überwiesenen Betrag für ein Mietzinsdepot nicht korrekt anlegt, ist ohne weiteres zur Rückerstattung verpflichtet. Insbesondere kann er seine Forderungen aus dem Mietverhältnis nicht gegen den Willen des Mieters mit der Verpflichtung zur Herausgabe verrechnen. Gleiches gilt, wenn der Vermieter nicht innert eines Jahres seit der Beendigung des Mietverhältnisses seine Ansprüche auf dem Rechtsweg geltend macht.

 

Fusioniert eine Prozesspartei während des laufenden Verfahrens mit einer anderen, geht sie nicht unter, sondern besteht kraft Universalsukzession im neuen Gebilde fort. Teilt ein rechtskundiger Repräsentant sowohl der alten als auch der neuen juristischen Person dem Gericht fälschlicherweise mit, die bisherige Beklagte sei ersatzlos untergegangen, und bleibt sie in der Folge der Hauptverhandlung im vereinfachten Verfahren fern, ist sie säumig.

 

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

01.11.2023

MJ220072-L/U

OR 257e
OR 125 Ziff. 1 und 2
FusG 22
ZPO 84 Abs. 4
ZPO 133 ff.
ZPO 147 Abs. 1
ZPO 234

ZMP 2024 Nr. 4

ZPO 99 Abs. 1 lit. b und d

ZMP 2024 Nr. 4: Leistung einer Sicherheit für die Parteientschädigung.

09.02.2023 | MJ220072-L/Z5 | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Die klagende Partei kann zur Leistung einer Sicherheit für die Parteientschädigung u.a. angehalten werden, wenn sie zahlungsunfähig erscheint, namentlich wenn gegen sie der Konkurs eröffnet wurde, ein Nachlassverfahren in Gang ist oder Verlustscheine bestehen, ebenso wenn andere Gründe für eine erhebliche Gefährdung der Parteientschädigung vorliegen. Allein eine Betreibung für eine Steuerforderung, welche von Gesetzes wegen nur auf dem Wege der Betreibung auf Pfändung erfolgen durfte, aber im Anschluss an eine vollzogene Pfändung mit der Begleichung des betriebenen Betrags endete, reicht dafür nicht aus, auch nicht bei einer GmbH mit minimalen Stammkapital, welche eine Zahlungsverzugskündigung nach Art. 257d OR hinnehmen musste, aber nach ihren Geschäftsbüchern durchaus solvent scheint.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Verfügung

09.02.2023

MJ220072-L/Z5

ZPO 99 Abs. 1 lit. b und d

ZMP 2024 Nr. 3

GOG 21, OR 854

ZMP 2024 Nr. 2: Rechtsgleichheit bei Wohnbaugenossenschaften. Fehlende sachliche Zuständigkeit des Mietgerichts.

04.08.2022 | MJ220061-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Zwischen einer Wohnbaugenossenschaft und ihren mietenden Mitgliedern besteht ein doppeltes Rechtsverhältnis. Das Mietgericht und die Schlichtungsbehörde in Mietsachen behandeln bei der Beurteilung mietrechtlicher Ansprüche zwar auch Vorfragen aus dem genossenschaftlichen Bereich. Geht es bei einer Klage aber ausschliesslich um Mitgliedschaftsrechte, fehlt es an ihrer sachlichen Zuständigkeit. Dies ist der Fall, wenn eine Mieterin unter Hinweis auf die Mietzinse, die in anderen Mietverträgen mit der Genossenschaft vereinbart wurden, eine Senkung ihres Mietzinses verlangt.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Beschluss

04.08.2022

MJ220061-L

GOG 21
OR 854