Zürcher Mietrechtspraxis (ZMP) - Jahrgang 2017

ZPO 91 ZPO 65 OR 271a Abs. 1 lit. e OR 273

ZMP 2017 Nr. 11: Streitwertberechnung im Kündigungsschutzverfahren.

21.11.2017 | MF170009 | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Der Streitwert eines Kündigungsschutzverfahrens kann nur annähernd bestimmt werden und bemisst sich aufgrund des Mietzinses während der Dauer der um die Kündigungsfrist verlängerten Sperrfrist im Sinne von Art. 271 Abs. 1 lit. e OR, welche bei einer Ungültigerklärung der Kündigung ausgelöst würde. Da für die Berechnung des Streitwerts die Verhältnisse bei der Rechtshängigkeit massgeblich sind, wird die mutmassliche Verfahrensdauer nicht in die Berechnung einbezogen. Unter Rechtshängigkeit ist deren Teilaspekt der Fortführungslast nach Art. 65 ZPO zu verstehen, denn das Thema einer Klage steht erst im Zeitpunkt fest, in welchem sie nicht mehr ohne Sperrwirkung zurückgezogen werden kann. Die Dauer des dem Gerichtsverfahren vorausgegangenen Schlichtungsverfahrens ist in die Berechnung daher ebenfalls nicht einzubeziehen.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Verfügung

21.11.2017

MF170009

ZPO 91 ZPO 65 OR 271a Abs. 1 lit. e OR 273

OR 266g OR 257f OR 262 ZPO 243 Abs. 2 lit. c

ZMP 2017 Nr. 12: Nichtigkeit (Ungültigkeit) einer Kündigung aus "wichtigen Gründen", welche der Kündigende wesentlich mitverschuldet hat.

16.10.2017 | MB170010 | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Die Mieterseite kann im vereinfachten Verfahren über die Gültigkeit einer Kündigung aus wichtigen Gründen für den Fall der Gültigkeit auch ihre Entschädigungsforderung nach Art. 266g Abs. 2 OR geltend machen (E. III.3.1).

 

Die Sondernorm zur Kündigung wegen Pflichtverletzungen hat grundsätzlich Vorrang vor einer Kündigung aus wichtigen Gründen (E. IV.1.2). Der Vermieter kann sich unabhängig von der angerufenen Kündigungsbestimmung nicht auf eine Untervermietung der Sache im Bereich des Sexgewerbes berufen, wenn er diese Art der Nutzung vor Abschluss des Mietvertrages selber initiierte und während der Vertragsdauer jahrelang duldete und wenn die Nutzung bereits mehrere Monate vor der Kündigung beendet wurde (E. IV.2.2). Eine vorzeitige Kündigung wegen Untervermietung zu missbräuchlichen Bedingungen setzt den Nachweis der missbräuchlichen Bedingungen durch den Vermieter voraus. Sie scheidet aus, wenn der Hauptvermieter den Mietern hinsichtlich der Konditionen der Untervermietung freie Hand gelassen hat (E. IV.2.3). Trotz Übertragung der Unterhaltsverpflichtung auf die Mieter kann sich der Vermieter nicht auf mangelnden Unterhalt berufen, wenn die aufgetretenen Schäden vorwiegend auf die Vernachlässigung der bei ihm verbliebenen Pflicht zum Unterhalt der Gebäudehülle zurückzuführen sind (E. IV.2.4).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

16.10.2017

MB170010

OR 266g OR 257f OR 262 ZPO 243 Abs. 2 lit. c

OR 264 OR 267a ZPO 147 Abs. 2 ZPO 219 ZPO 234 ZPO 247 Abs. 2 lit. b Ziff. 1

ZMP 2017 Nr. 10: Vorzeitige Rückgabe der Mietsache. Säumnis der klagenden Partei bei der Hauptverhandlung.

28.07.2017 | MG170019 | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Art. 264 und Art. 267a OR sind zwingendes Recht. Eine vorzeitige Rückgabe des Mietobjekts ist grundsätzlich jederzeit – mithin auch per Ende Dezember – möglich. Der Vermieter ist auch über die Weihnachts- und Neujahrszeit gehalten, an Werktagen eine Rückgabe zu Geschäftszeiten zu ermöglichen und angebotene Nachmieter/innen zu prüfen. Verletzt er diese Obliegenheiten, so verliert er seinen Anspruch auf den Mietzins (E. III.2). Dem Vermieter ist zwar genügend Zeit einzuräumen, um einen angebotenen Ersatzmieter zu prüfen. Wie lange die Frist ist, hängt von den Umständen ab. Ist es dem Vermieter gelungen, einen Nachfolger innert 14 Tagen zu prüfen, kann er sich nicht auf eine zu kurze Prüfungszeit berufen (E. III.3.2). Ebenso verliert der Vermieter seinen Schadenersatzanspruch wegen vertragswidriger Rückgabe der Sache, wenn er eine Mängelrüge innert weniger Werktage seit der vorzeitigen Rückgabe unterlässt (E. III.3).

Erscheint die klagende Partei im vereinfachten Verfahren nicht zur Hauptverhandlung, so treffen sie die Säumnisfolgen von Art. 234 i.V.m. 219 und 243 ff. ZPO. Die soziale Untersuchungsmaxime ändert daran nichts (E. II.2 und III.1).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

28.07.2017

MG170019

OR 264 OR 267a ZPO 147 Abs. 2 ZPO 219 ZPO 234 ZPO 247 Abs. 2 lit. b Ziff. 1

OR 273 OR 266n

ZMP 2017 Nr. 7: Absolute Empfangstheorie bei der Auslösung der Frist für die Kündigungsschutzbegehren.

21.07.2017 | MB170007 | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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In mittlerweile drei in der amtlichen Sammlung publizierten Entscheiden hat sich das Bundesgericht bei der Auslösung der Frist für den Kündigungsschutz für die absolute Empfangstheorie ausgesprochen. Zwar bestehen deutliche Hinweise, dass zumindest nach Meinung des Gesetzgebers von 1989 die relative Empfangstheorie gelten sollte, besonders mit Blick auf Lehre und Rechtsprechung zu Art. 18 und 19 aBMM und zur parallelen Regelung bei der Mieterstreckung im Recht von 1971 (Art. 267a aOR). Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Bundesgerichtspraxis jedoch zu befolgen.

Trifft der Postbote bei der Zustellung der separaten Kündigungsbriefe an die Ehegatten niemanden an und avisiert er die beiden Sendungen nur einem Ehegatten, hindert dies die Gültigkeit der Zustellung nicht. Der Fall ist gleich zu behandeln wie die Übergabe der beiden Schreiben an nur einen Ehegatten an der Haustür. Ehegatten, die das Risiko einer fehlenden eigenen Kenntnis vom Zustellversuch vermeiden wollen, können durch eine Anweisung an die Post die Vertretungsregelung gemäss den Post-AGB einschränken. Tun sie dies nicht, haben sie das in ihrem Machtbereich liegende Risiko zu tragen und nicht der Vermieter.

Das Obergericht widersprach dem und führte aus, wenn das Gesetz eine separate Zustellung der Kündigung an beide Ehegatten verlange, umfasse das auch den Anspruch auf eine selbständige Avisierung. Das für die Klägerin bestimmte Kündigungsschreiben sei ihr nicht avisiert worden, was zur Folge habe, dass die Rechtsfolgen, welche Lehre und Rechtsprechung an die Hinterlegung einer Abholungseinladung knüpfen, für sie nicht eingetreten seien (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 31. Januar 2018; s. unten).

 

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

21.07.2017

MB170007

OR 273 OR 266n

NG170017-O

OR 269d Abs. 3 OR 271 f. OR 266g

ZMP 2017 Nr. 8: Entzug eines Kellerabteils und Ersatz durch ein anderes gegen eine Mietzinssenkung

12.07.2017 | ME160003 | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Möchte die Vermieterin der Mieterin ein Kellerabteil entziehen, das sie ihr in einem einheitlichen Mietvertrag vermietet hat, muss sie dazu eine einseitige Vertragsänderung gestützt auf Art. 269d Abs. 3 OR ankündigen. Bei der Anfechtung durch die Mieterin wird die Zulässigkeit der Änderung nach den Kriterien des Kündigungsschutzes geprüft, das neue Preisgefüge nach denjenigen der Missbrauchsgesetzgebung (E. IV.1 und IV.2.1). Die Preisanpassung ist nichtig, wenn sie nicht im Rahmen einer Mitteilung mit Formular nach Art. 269d OR klar begründet wird. Dies zieht zugleich auch die Nichtigkeit der beabsichtigten Vertragsänderung als Ganzes nach sich (E. IV.2.2).

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Änderung gestützt auf Art. 271 f. OR ist zunächst von Belang, ob diese der Mieterin zugemutet werden kann. Beim Entzug eines Kellerabteils ist das grundsätzlich zu bejahen, soweit der Mieterin danach weiterhin genügend Stauraum zur Verfügung steht oder ihr ein angemessener Ersatz angeboten wird. Die Begründung braucht diesbezüglich nicht bereits in der Formularmitteilung zu erfolgen, sondern kann auch noch im Laufe des Verfahrens gegeben werden. Allerdings gelten die Regeln des Kündigungsschutzes integral. Eine Änderung ist daher grundsätzlich nicht möglich während einer Sperrfrist nach Art. 271a Abs. 1 lit. d oder e oder Art. 271a Abs. 2 OR. Die Sperrfrist lässt sich nicht unter Berufung auf einen wichtigen Grund im Sinne von Art. 266g OR durchbrechen, wenn die Vermieterin oder ihr Rechtsvorgänger die Situation durch eine während Jahren nicht erkannte Doppelvermietung geschaffen hat. Da eine solche Vertragsänderung letztlich im eigenen Fehlverhalten wurzelt, wäre sie auch nach der allgemeinen Regel von Art. 271 Abs. 1 OR anfechtbar (E. IV.2.3).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

12.07.2017

ME160003

OR 269d Abs. 3 OR 271 f. OR 266g

OR 259g, OR 259h, ZPO 261

ZMP 2017 Nr. 6: Hinterlegung des Mietzinses. Vorsorgliche Massnahmen. Herausgabe der hinterlegten Mietzinse während des laufenden Verfahrens.

25.04.2017 | MG160005-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Hinterlegte Mietzinse können dem Vermieter während des laufenden Verfahrens über vorsorgliche Massnahmen ganz oder teilweise freigegeben werden. Die Voraussetzungen richten sich nach Art. 261 ZPO. Der Vermieter hat daher nicht nur eine günstige Hauptsacheprognose, d.h. die Verletzung oder Gefährdung eines bestehenden Anspruchs glaubhaft zu machen, sondern auch die Dringlichkeit der Freigabe und einen drohenden nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteil. Diese Anforderungen sind nicht erfüllt, wenn er seine finanzielle Situation nicht offenlegt, so dass nicht überprüft werden kann, ob ihn der Entzug des ganzen Mietzinses in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Verfügung

25.04.2017

MG160005-L

OR 259g
OR 259h
ZPO 261

OR 272 ff., OR 273a

ZMP 2017 Nr. 4: Erstreckung des Mietverhältnisses. Legitimation des überlebenden Ehegatten.

23.03.2017 | MB160019-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Der überlebende Ehegatte ist gestützt auf die Sondernormen über den Schutz der ehemaligen Familienwohnung legitimiert, ohne Mitwirkung der (übrigen) Erben eine Kündigung anzufechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses zu verlangen. Dieses Resultat ergibt sich nicht nur durch eine teleologische, systematische und geltungszeitliche Auslegung. Vielmehr führt auch die historische Auslegung zum selben Resultat, wie die Materialien zu den Gesetzgebungsarbeiten zur Revision des Eherechts per 1. Januar 1988 (Wirkungen der Ehe im allgemeinen, Ehegüterrecht und Erbrecht) zeigen (E. 3.2.5).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

23.03.2017

MB160019-L

OR 272 ff.
OR 273a

SchKG 83 Abs. 2, ZPO 1 lit. c, ZPO 33, ZPO 35 Abs. 1 lit. b, ZPO 46, GestG 1 Abs. 2 lit. b

ZMP 2017 Nr. 3: Örtliche Zuständigkeit für Aberkennungsklagen in Streitigkeiten über die Miete oder Pacht von Wohn- oder Geschäftsräumen.

16.02.2017 | MD160010-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Art. 83 Abs. 2 SchKG sieht für Aberkennungsklagen einen (dispositiven) Gerichtsstand am Betreibungsort vor. Art. 46 ZPO behält abweichende Gerichtsstände des SchKG ausdrücklich vor. Art. 83 Abs. 2 SchKG scheint daher auch den teilzwingenden Gerichtsstand am Ort der gelegenen Sache für Streitigkeiten über Miete oder Pacht von Wohn- oder Geschäftsräumen nach Art. 33 und 35 Abs. 1 lit. b ZPO zu verdrängen. Allerdings enthielt schon das aufgehobene Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen (GestG) in Art. 1 Abs. 2 lit. b einen Vorbehalt zugunsten der Gerichtsstände des SchKG. Die Rechtsprechung unter der Herrschaft des GestG ist daher auch seit der Einführung der ZPO nach wie vor einschlägig. Die sozialversicherungsrechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat in BGE 135 V 124 entschieden, dass Art. 83 Abs. 2 SchKG eine gesetzliche Prorogation zugunsten zwingender Gerichtsstände aus anderen Rechtsbereichen vorsehe. Damit kann eine Aberkennungsklage nur unter den Voraussetzungen von Art. 35 Abs. 1 lit. b ZPO an einem anderen Ort als dem Lageort der Mietsache erhoben werden (E. 2.3 und 2.5).

Sieht eine Mietvertragsklausel explizit den Lageort der Sache als Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag vor, so gilt dies auch für eine Aberkennungsklage, und zwar im Sinne eines ausschliesslichen Gerichtsstands. Dass die Klausel aus AGB hervorgeht, auf die der Mietvertrag verweist, ändert daran nichts, denn für eine gültige Gerichtsstandsklausel genügt nach geltendem Recht schon der Nachweis durch Text (E. 2.4).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Beschluss

16.02.2017

MD160010-L

SchKG 83 Abs. 2
ZPO 1 lit. c
ZPO 33
ZPO 35 Abs. 1 lit. b
ZPO 46
GestG 1 Abs. 2 lit. b

OR 262, OR 423, ZPO 153 Abs. 2, ZPO 247 Abs. 2 lit. b Ziff. 1

ZMP 2017 Nr. 2: Untervermietung über Buchungsplattformen. Untervermietverbot bei wiederholter vertragswidriger Untervermietung. Herausgabe missbräuchlicher Untervermietungsgewinne. Beweiserhebung von Amtes wegen bei Säumnis des Klägers.

09.02.2017 | MG160009-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Die Untervermietung von Wohnungen über Buchungsplattformen im Internet untersteht den Regeln von Art. 262 OR. Diese lassen die Untervermietung zwar grundsätzlich zu. Der Mieter und Untervermieter muss allerdings die Zustimmung des Vermieters einholen. Dieser kann sich der Untervermietung widersetzen, wenn der Mieter sich weigert, ihm die Bedingungen des Untermietvertrags bekannt zu geben, wenn die Bedingungen missbräuchlich sind oder wenn dem Vermieter aus der Vermietung wesentliche Nachteile entstehen (E. V.2.3). Bietet der Mieter aufgrund seines Verhaltens in der Vergangenheit keine Gewähr für eine korrekte Untervermietung über Buchungsplattformen, kann ihm diese ganz untersagt werden (E. V.2.3.11 f.). Der Vermieter kann nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag die Herausgabe des Gewinns aus missbräuchlicher Untervermietung verlangen, wenn er dieser nicht zugestimmt hat (E. V.3.2).

Das Gericht kann insbesondere bei Säumnis des Klägers Beweise von Amtes wegen erheben, wenn an der Richtigkeit der unbestrittenen gebliebenen Darstellung des Beklagten erhebliche Zweifel bestehen. Dies gilt ganz besonders im Anwendungsbereich der sozialen Untersuchungsmaxime (E. V.2.3.4 ff.).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

09.02.2017

MG160009-L

OR 262
OR 423
ZPO 153 Abs. 2
ZPO 247 Abs. 2 lit. b Ziff. 1

OR 272 ff., OR 255, OR 266, OR 22, ZPO 59 Abs. 2 lit. a und d, ZPO 107 Abs. 1 lit. e, ZPO 242, ZPO 342

ZMP 2017 Nr. 1: Erstreckung des Mietverhältnisses. Gültige Beendigung des Mietverhältnisses als Vorfrage für das Rechtsschutzinteresse an der Klage. Rechtskraftvorbehalt (bedingter Entscheid) bei Parallelprozess über die Vorfrage. Realerfüllungsanspruch aus einer vertraglich vereinbarten Pflicht der Vermieterin zur Abgabe einer Offerte auf Vertragsverlängerung. Gegenstandslosigkeit der Klage nach Auszug der Mieterin. Kosten- und Entschädigungsfolgen.

26.01.2017 | MB140015 | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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An einer Klage auf Erstreckung des Mietverhältnisses besteht nur ein Rechtsschutzinteresse, wenn eine gültige Kündigung erfolgt oder ein befristetes Mietverhältnis ins Endstadium getreten ist. Ist bei einem anderen Gericht ein Verfahren über die Beendigung des Mietverhältnisses pendent, kann das Erstreckungsgericht diesen Punkt nur vorfrageweise prüfen. Ist aus besonderen Gründen keine Sistierung des Verfahrens möglich, hat es einen Rechtskraftvorbehalt anzubringen für den Fall, dass im Parallelprozess ein anderes Ergebnis resultiert (E. III.4.3-4).

Die Verpflichtung der Vermieterin, der Mieterin bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Offerte für die Fortführung des Vertragsverhältnisses zu veränderten Konditionen zu unterbreiten, führt analog zu den Regeln über den Vorvertrag zu einem Realerfüllungsanspruch, wenn die Klausel hinsichtlich des Mietgegenstandes und der Höhe des Mietzinses genügend bestimmt ist. Dies ist zu bejahen, wenn die Parteien vereinbart haben, dass die Offerte für die bisherige Mietsache gelten soll und zu marktüblichen Konditionen für eine bestimmte Nutzungsart (Warenhaus) zu erfolgen hat. Solange keine vertragskonforme Offerte abgegeben wird, dauert das Mietverhältnis fort (E. III.5).

Zieht die Mieterin vor Ablauf der beantragten Erstreckung aus, so wird das Verfahren auch dann gegenstandslos, wenn der Fortbestand eines gültigen Mietverhältnisses weitere Rechtsfragen beeinflussen kann, etwa die Höhe des Nutzungsentgelts (OG, E. 3). Zur Regelung der Kostenfolgen existiert keine strikte Hierarchie. Hier hat grundsätzlich die Vermieterin die Kosten zu tragen, weil sie das Verfahren durch die Verletzung der Offertpflicht veranlasst hat (OG, E. 4)

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Beschluss

26.01.2017

MB140015

OR 272 ff.
OR 255
OR 266
OR 22
ZPO 59 Abs. 2 lit. a und d
ZPO 107 Abs. 1 lit. e
ZPO 242
ZPO 342

ZMP 2018 Nr. 15

OR 271, OR 271a Abs. 1 lit. a, OR 271a Abs. 2, OR 272, OR 272a Abs. 2

ZMP 2017 Nr. 5: Anfechtung der Kündigung. Sperrfrist. Eigenbedarf. Erstreckung des Mietverhältnisses. Bedeutung der Suchbemühungen. Angebot eines zumutbaren Ersatzobjektes.

18.01.2017 | MB140039-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Blosse Reklamationen der Mieterseite über Geruchsimmissionen oder Rückfragen zu einer Nebenkostenabrechnung führen nicht zu einer Sperrfrist nach Art. 271a Abs. 2 OR, wenn darüber kein Streit bestand, der durch ein gegenseitiges Nachgeben bereinigt wurde (E. III.2.3). Ebenso scheidet die Annahme einer Rachekündigung nach Art. 271a Abs. 1 lit. a OR wegen solcher Vorgänge von vornherein aus, wenn der Vermieter im Beweisverfahren einen ernsthaften Eigenbedarf darzutun vermag (E. III.2.4 und III.2.5).

Die Erstreckung des Mietverhältnisses dient zwar im Regelfall der Beschaffung eines Ersatzobjekts durch die Mieter. Der Nachweis von Suchbemühungen ist daher für gewöhnlich zentral für die Beurteilung des Ausmasses der Härte, welche durch die Kündigung ausgelöst wurde. Dies gilt nicht, wenn mit der Erstreckung andere Kündigungsfolgen gemildert werden sollen oder wenn die Mieterseite keinen Anlass zu intensiven Bemühungen hat, weil die Schlichtungsbehörde die Kündigung in einem Urteilsvorschlag für ungültig erklärt hat (E. III.3.2). Suchbemühungen rücken hier erst wieder in den Vordergrund, wenn sich im Laufe des Beweisverfahrens die Gültigkeit der Kündigung abzeichnet (E. III.3.3.4). Es ist Sache der Mieter, die eigene finanzielle Situation darzutun. Reichen sie in ihrem Besitz befindliche Dokumente nicht ein, haben sie die Folgen zu tragen. Eine nicht plausibel erklärte Verschlechterung ihrer Situation im Laufe des Verfahrens ist nicht zu berücksichtigen (E. III.3.3.2). Bietet der Vermieter im Laufe des Verfahrens ein zumutbares Ersatzobjekt an, führt dies ab dem Zeitpunkt des Angebots zu einem wesentlichen strengeren Massstab für eine Erstreckung, auch wenn das Ersatzobjekt nicht gleichwertig im Sinne von Art. 272a Abs. 2 OR ist (E. III.3.3.5).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

18.01.2017

MB140039-L

OR 271
OR 271a Abs. 1 lit. a
OR 271a Abs. 2
OR 272
OR 272a Abs. 2

OR 97 OR 101 OR 271 f. ZPO 152 ZPO 157 ZPO 328

ZMP 2017 Nr. 9: Schadenersatzpflicht des Vermieters wegen wahrheitswidriger Begründung einer Kündigung. Revision des Kündigungsschutzurteils als Voraussetzung für die Klage.

16.01.2017 | MG160001 | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Erweist sich der als Kündigungsgrund angegebene Eigenbedarf nachträglich als unwahr, hat der Vermieter der Mieterin Schadenersatz wegen Vertragsverletzung zu leisten (MG, E. IV.1.2+3; OG, E. II.2.3.1). Er muss sich das Verschulden eines Familienmitglieds anrechnen lassen, für welches er Eigenbedarf geltend gemacht hat und das in seinem Namen die Kündigung veranlasst hat (MG, E. IV.2.2; OG, E. II.4.4). Dass die Mieterin das Kündigungsschutzverfahren nicht durchgefochten hat, schliesst den Schadenersatzanspruch nicht ohne weiteres aus (MG, E. IV.1.2; OG, E. II.2+3). Für den Ersatz normativen Schadens (hier: Zeitaufwand für das Zügeln) besteht keine Rechtsgrundlage (MG, E. IV.1.3). Eine antizipierte Beweiswürdigung braucht vom Gericht nicht explizit als solche bezeichnet zu werden; sie kann sich auch aus der Urteilsbegründung ergeben (OG, E. II.4).

 

Das Bundesgericht verlangt demgegenüber für eine Schadenersatzklage, dass die Mieterin zuvor die Revision des Kündigungsschutzurteils erwirkt (BGE, E. 5.4).

 

[Anm. d. Red.: Es liegt  zwar eine Entscheidung über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Offen bleibt aber, ob die nach dem Kündigungsschutzurteil eingetretenen Tatsachen überhaupt von dessen Rechtskraft erfasst sind und ob sie Grundlage einer Revision hätten bilden können (Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO, zweiter Satzteil). Unklar ist zudem der Stellenwert des aussergerichtlichen Vergleichs, der letztlich Grundlage für die Beendigung des Mietverhältnisses bildete und mit welchem die Parteien nach dem Kündigungsschutzurteil neu über den Streitgegenstand verfügt hatten.]

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

16.01.2017

MG160001

OR 97 OR 101 OR 271 f. ZPO 152 ZPO 157 ZPO 328