Zürcher Mietrechtspraxis (ZMP) - Jahrgang 2020

ZPO 59 Abs. 2 lit. a und e ZPO, ZPO 65, OR 266o, OR 273

ZMP 2020 Nr. 12: Fehlende Gültigkeitsvoraussetzungen einer Kündigung. Klagerückzug und abgeurteilte Sache. Rechtsschutzinteresse.

29.10.2020 | MJ200033-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit einer Kündigung kann zwar jederzeit geltend gemacht werden. Nach Eintritt der prozessualen Fortführungslast hat ein Klagerückzug jedoch Rechtskraftwirkung. Es ist ausgeschlossen, die gleichen Nichtigkeits- oder Unwirksamkeitsgründe in einem Zweitprozess geltend zu machen. Einem Prozess über eine spätere, nur vorsorglich ausgesprochene Kündigung fehlt es demzufolge an einem Rechtsschutzinteresse.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Beschluss

29.10.2020

MJ200033-L

ZPO 59 Abs. 2 lit. a und e ZPO
ZPO 65
OR 266o
OR 273

ZPO 227, ZPO 243 Abs. 1, ZPO 90, GOG 21, GOG 26

ZMP 2020 Nr. 11: Grenzen der Klageänderung nach dem Schlichtungsverfahren. Folgen eines teilweisen Nichteintretens.

25.06.2020 | MD190010-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Die Voraussetzungen für eine Klageänderung gelten auch, wenn die klagende Partei die Klage im Rahmen der Einleitung der Klage beim Gericht ändert. Daher ist es ausgeschlossen, zusätzliche Anträge zu stellen, welche bei Klagen nach Art. 243 (Abs. 1) ZPO den Streitwert so verändern würden, dass statt des vereinfachten das ordentliche Verfahren zur Anwendung gelangen würde. Unzulässig ist allerdings nur die Klageänderung. Der klagenden Partei kann es daher nicht verwehrt werden, die im Schlichtungsverfahren gestellten Anträge oder die zulässigen Teile einer Klageänderung vor Gericht zu tragen. Verändert sich durch den tieferen Streitwert nach dem teilweisen Nichteintreten innerhalb des gleichen Spruchkörpers die sachliche Zuständigkeit, so hat allein dieser Umstand keinen Nichteintretensentscheid zur Folge. Vielmehr ist die Klage von Amtes wegen dem zuständigen (Einzel-)Gericht zu überweisen.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Beschluss

25.06.2020

MD190010-L

ZPO 227
ZPO 243 Abs. 1
ZPO 90
GOG 21
GOG 26

OR 271 f., OR 273, ZPO 59 Abs. 2 lit. a, Art. 88 ZPO, ZPO 242

ZMP 2020 Nr. 10: Tragweite der Gegenstandslosigkeit des Kündigungsschutzverfahrens bei Auszug der Mieterin.

07.05.2020 | MB190006-L/U | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Verlässt die Mieterin das Mietobjekt, so wird ein hängiges Kündigungsschutzverfahren gegenstandslos, denn der Streit dreht sich letztlich um die Rückgabe der Mietsache. Eine materielle Prüfung der Gültigkeit der Kündigung liefe auf die abstrakte Feststellung der Rechtslage hinaus, für welche nach erfolgtem Auszug der Mieterin ein Rechtsschutzinteresse fehlt. Dass die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit einer Kündigung einen Einfluss auf weitere Ansprüche zwischen den Parteien haben kann, etwa die Höhe des Nutzungsentgelts während der Dauer zwischen dem Kündigungstermin und dem Auszug, ändert daran nichts. Kommt es darüber zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, hat das zuständige Gericht oder die zuständige Behörde die Gültigkeit der Kündigung vorfrageweise zu prüfen. Auch soweit es um die Anfechtbarkeit der Kündigung im Sinne von Art. 271 f. OR geht, kann es dabei zu einer vorfrageweisen Überprüfung kommen, allerdings nur soweit die Mieterin die Kündigung im gegenstandslos gewordenen Verfahren rechtzeitig angefochten hat.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Beschluss

07.05.2020

MB190006-L/U

OR 271 f.
OR 273
ZPO 59 Abs. 2 lit. a
Art. 88 ZPO
ZPO 242

OR 256, OR 260a, OR 257 OR, MWStG 6, MWStG 21 Abs. 2 Ziff. 21 MWStG 27, OR 63 OR, ZPO 1 lit. a

ZMP 2020 Nr. 6: Beherbergungsvertrag in einem Aparthotel als gemischter Vertrag mit mietrechtlichem Schwerpunkt. Kein Anspruch des Mieters auf Auswechslung des Schlosses, wenn er die vereinbarten Dienstleistungen nicht mehr in Anspruch nehmen will. Voraussetzungen für die (teilweise) Befreiung des Entgelts von der Mehrwertsteuer.

22.01.2020 | MG180039-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Der Nutzungsberechtigte aus einem Beherbergungsvertrag verfügt zwar wie der Mieter von Wohnräumen über ein Recht auf den ausschliesslichen Gebrauch an der Sache und auf den Schutz seiner Privatsphäre. Bei gemischten Verträgen, die auch Serviceleistungen vorsehen, gehört eine Zutrittsmöglichkeit der Vermieterin oder ihrer Angestellten aber zum Vertragsinhalt. Auch wenn der Nutzungsberechtigte nach Verzicht auf solche Dienstleistungen keine Zutritte der Betreiberin der Einrichtung oder ihrer Angestellten mehr zu dulden braucht, verleiht ihm das keinen Anspruch auf Auswechslung der Schliessanlage, soweit seine Privatsphäre mit der bestehenden Anlage hinreichend geschützt werden kann (E.IV.2).

 

Die Frage, ob auf einer Vertragsleistung die MWSt zu belasten ist, ist von den Zivilgerichten zu beantworten, soweit das zugrunde liegende Rechtsverhältnis dem Zivilrecht untersteht (E. III.1 und 2). Um eine Befreiung von der Mehrwertsteuer zu erreichen, muss der Nutzungsberechtigte der Betreiberin der Einrichtung die nötigen Informationen liefern und sie namentlich über den Umstand aufklären, dass er seinen Wohnsitz im Vertragsobjekt hat. Einen Rückforderungsanspruch für die Zeit seit der Wohnsitzverlegung kann er nur unter der Voraussetzung geltend machen, dass er dieser Obliegenheit nachgekommen ist. Andernfalls kommt eine Rückerstattung nur infrage, soweit der Nutzungsberechtigte die rechtliche Auseinandersetzung mit der Mehrwertsteuerverwaltung übernimmt (E. IV.3).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

22.01.2020

MG180039-L

OR 256
OR 260a
OR 257 OR
MWStG 6
MWStG 21 Abs. 2 Ziff. 21 MWStG 27
OR 63 OR
ZPO 1 lit. a

OR 271a Abs. 1 lit. e

ZMP 2020 Nr. 4: Ausnahmen der Sperrfrist nach einem Schlichtungs- oder Gerichtsverfahren.

12.12.2019 | MB190012-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Die von der Praxis entwickelten Ausnahmen der Sperrfrist nach einer Einigung ausserhalb eines Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens gemäss Art. 271a Abs. 2 OR gelten auch für eine Sperrfrist, die im Anschluss an ein Verfahren vor Schlichtungsbehörde oder vor Gericht ausgelöst worden sein soll. Keine Sperrfrist läuft daher nicht nur, wenn die Mieter das Verfahren missbräuchlich eingeleitet haben. Ausgenommen sind auch Verfahren und Vergleiche über Bagatellen sowie über formelle Irrtümer oder Verfahren und Vergleiche, denen kein ernsthafter Streit vorausgegangen ist, weil die Vermieterin sich in für die Mieter schon bei Einleitung des Verfahrens erkennbarer Weise sofort bereit erklärt hat, den direkt bei der Schlichtungsbehörde eingebrachten Anliegen zu entsprechen (E. IV.1.1.2). Selbst wenn in einem solchen Fall von der Auslösung einer Sperrfrist auszugehen wäre, müsste zumindest die Berufung darauf trotz Kenntnis des erheblichen Interesses der Vermieterin an der Kündigung (Interesse einer anderen Konzerngesellschaft an der Nutzung der Sache) als rechtsmissbräuchliches Verhalten eingestuft werden, wenn die Mieter in der Zwischenzeit ein von ihnen selber als zumutbar bezeichnetes Ersatzobjekt abgelehnt und daher explizit nicht am Eventualantrag auf Erstreckung festgehalten haben (E. IV.1.2.6).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

12.12.2019

MB190012-L

OR 271a Abs. 1 lit. e

OR 257e, ZPO 59 Abs. 2 lit. a, GOG 26

ZMP 2020 Nr. 1: Sachliche Zuständigkeit des Mietgerichts. Gesetzeskonforme Hinterlegung der Sicherheitsleistung nach Beendigung des Mietverhältnisses. Rechtsschutzinteresse.

15.11.2019 | MD180006-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Die Durchsetzung der Vereinbarung einer Sicherheitsleistung ist als mietrechtlich zu erachten, so dass das Mietgericht für den Prozess über den Anspruch des Mieters auf korrekte Hinterlegung des Depots sachlich zuständig ist (E. III.1.).
Wird die Sicherheitsleistung i.S.v. Art. 257e OR nicht gesetzeskonform hinterlegt, greift das Verrechnungsverbot gem. Art. 125 Ziff. 1 OR, sodass der Vermieter keine Gegenforderungen in Verrechnung bringen kann, sondern die Sicherheitsleistung ungeschmälert herauszugeben verpflichtet ist. Für die Durchsetzung der gesetzeskonformen Hinterlegung der Sicherheitsleistung nach Beendigung des Mietverhältnisses fehlt daher das Rechtsschutzinteresse (E. III.2.).
An die Stelle des Anspruchs des Mieters auf gesetzeskonforme Hinterlegung der Sicherheitsleistung ist nach Beendigung des Mietverhältnisses ein solcher auf Rückzahlung getreten (E. IV.2.).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

15.11.2019

MD180006-L

OR 257e
ZPO 59 Abs. 2 lit. a
GOG 26

OR 256, OR 259a, OR 259d, OR 269a lit.b

ZMP 2020 Nr. 7: Unterhalt der Mietsache. Mängelrechte der Mieter bei Schaffung von Immissionen durch von der Vermieterin gestattete Nutzungsänderungen im Haus. Behandlung unvermeidlicher Wertsteigerungen in Zusammenhang mit der Mängelbehebung. Mietzinsminderung.

12.11.2019 | MG170024-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Eine Mietwohnung ist nicht schon deshalb mangelhaft, weil ihre Ausstattung dem Stand der Technik nicht mehr entspricht. Die Vermieterin trifft insbesondere keine generelle Modernisierungspflicht. Gestattet sie indessen nach Abschluss des Vertrages eine wesentlich immissionsträchtigere Nutzung benachbarter Räumlichkeiten im Haus, so hat sie auch dafür zu sorgen, dass daraus keine Nachteile für die übrigen Hausbewohner entstehen. Tritt in den benachbarten Räumen ein Restaurant an die Stelle eines stillen Gewerbes und hat dies Geräusche zur Folge, die durchschnittlich zu ein bis zwei zusätzlichen Aufwachreaktionen pro Nacht führen, können die Mieter den Einbau besserer Fenster verlangen. Soweit unvermeidliche Arbeiten nicht nur zur Behebung des Mangels, sondern auch zu einer Wertsteigerung führen, kann dies eine Mietzinserhöhung zur Folge haben.

 

Bei der Bemessung der Mietzinsminderung verfügt das Gericht über ein weites Ermessen. Es ist unzulässig, den Minderungsbetrag einzig aufgrund Art, Anzahl und Zeitraum von Aufwachreaktionen zu bemessen, denn dies würde den Umstand vernachlässigen, dass die gesundheitlichen Auswirkungen von Schlafstörungen weit über die Aufwachreaktionen als solche hinausgehen. In die gerichtliche Beurteilung hat auch die allgemeine Erfahrung einzufliessen, dass ein Aussenrestaurant auch in der warmen Jahreszeit witterungsbedingt höchstens an 2/3 der Abende betrieben werden kann.

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

12.11.2019

MG170024-L

OR 256
OR 259a
OR 259d
OR 269a lit.b

ZR 2020 Nr. 20

OR 253b Abs. 3, OR 269, OR 269a lit. a, OR 270, OR 270a

ZMP 2020 Nr. 13: Mit öffentlichen Mitteln geförderter und kontrollierter Wohnbau: Abgrenzung von Zivil- und Verwaltungsweg. Bestimmung des Anfangsmietzinses bei Unmöglichkeit einer Renditeberechnung und gescheitertem Nachweis der orts- und quartierüblichen Vergleichsmiete. Mietzinssenkung wegen Referenzzinssenkung.

12.09.2019 | MA170005-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Dass sich ein privater Anbieter auf politischen Druck hin einer Mietzinskontrolle durch das Gemeinwesen unterzieht, verdrängt die Zivilgerichtsbarkeit nicht, soweit nicht alle Voraussetzungen von Art. 253b Abs. 3 OR erfüllt sind. Ein subventioniertes Wohnbauprojekt muss auf dem einschlägigen öffentlichen Recht beruhen und dem Zweck der Wohnbauförderung dienen, damit die Verlagerungswirkung eintritt (MG E. V.1; OG-Zwischenentscheid E. III.4).

 

Eine Nettorenditeberechnung gestützt auf die Heimfallentschädigung für das Baurecht auf der Mietliegenschaft ist nicht zulässig. Bringen beide Parteien zur Bestimmung der orts- und quartierüblichen Vergleichsmiete keine Vergleichsobjekte bei, kann diese nicht durch ein gerichtliches Gutachten bestimmt werden. Vielmehr kommt es zu einer gerichtlichen Mietzinsfestsetzung nach freiem Ermessen gestützt auf die verfügbaren Daten. Im konkreten Fall erfolgt ein Rückgriff auf die Mietpreisstrukturerhebung der Stadt Zürich aus dem Jahre 2006, korrigiert um den Mietpreisindex (MG E. V.2.3-5 und V.3; OG-Endentscheid E. IV.3).

 

Ein Mietzinssenkungsbegehren wegen einer Referenzzinssenkung ist abzuweisen, wenn der geltende Mietzins trotz der Senkung noch immer mit dem nach der angewandten gerichtlichen Methode bestimmten Anfangsmietzins im Einklang steht. Dass die Vermieterin in einem Parteivortrag die Senkung zugestanden hat, ist mangels Unterzeichnung des Protokolles bedeutungslos (OG-Endentscheid, E. V).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

12.09.2019

MA170005-L

OR 253b Abs. 3
OR 269
OR 269a lit. a
OR 270
OR 270a

OR 270, OR 269a lit. a

ZMP 2020 Nr. 5: Anfangsmietzinsanfechtung bei Verwendung des amtlichen Formulars. Missbrauchsvermutung. Tragweite. Gerichtliche Mietzinsfestsetzung bei Unmöglichkeit der Ermittlung einer orts- und quartierüblichen Vergleichsmiete.

26.08.2019 | MA170003-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Hinsichtlich der Anfechtungsvoraussetzung nach Art. 270 Abs. 1 lit. b OR liegt eine erhebliche Mietzinserhöhung im Falle einer Steigerung des Mietzinses gegenüber dem Vormietverhältnis um mindestens 10 % vor. Entgegen den Vorinstanzen und den Andeutungen in neueren Bundesgerichtsurteilen indiziert dies jedoch nicht auch bereits eine Missbräuchlichkeit des Anfangsmietzinses, von welcher erst bei einer deutlich über 10 % liegenden Anpassung ausgegangen werden darf (BGE, E. 3.3.2). Bei einer Anhebung des Nettomietzinses um 44 % liegt bei sonst stabilem Umfeld grundsätzlich ein Missbrauchsverdacht vor. Dass der Vermieter in solchen Fällen zur Beweisführung bezüglich der fehlenden Missbräuchlichkeit gehalten ist, beruht nicht auf einer Beweislastumkehr (so OG, E. 5) und auch nicht nur auf einer verstärkten Mitwirkungsobliegenheit, sondern auf einer natürlichen Missbrauchsvermutung (BGE, E. 3.3.1 und 4.1; MG, E. IV.3.2; OG, E. 5.8). Allerdings ist es möglich, dass der Vermieter an der Vermutung mittels gegenteiliger Indizien Zweifel weckt und diese so umstösst (MG, E. IV.3.2; OG, E. 5.8; BGE, E. 3.4, 3.5 und 4.3). Hilfskriterien können etwa Vergleiche mit Statistiken sein, auch wenn diese nicht alle Kriterien von Art. 11 Abs. 4 VMWG erfüllen (MG, E. IV.3.2.2 a.E. sowie IV.3.2.4; BGE, E. 4.3.1). Daneben sind aber weitere Faktoren zu prüfen, so die lange Dauer des Vormietverhältnisses ohne umfassende Anpassung des Mietzinses, die richterliche Lebenserfahrung und Kenntnis des lokalen Marktes, eine zur Bestimmung der Vergleichsmiete an sich nicht genügende Anzahl von 3 oder 4 Vergleichsobjekten und allenfalls gar ein Privatgutachten (BGE E. 3.5, 4.3 und 4.5).

 

Bei der direkten Bestimmung der orts- und quartierüblichen Vergleichsmiete sind an die Qualität der von den Parteien offerierten Vergleichsobjekte nach wie vor hohe Anforderungen zu stellen, da ansonsten die Beschränkung auf fünf Objekte mangels statistischer Relevanz die Gefahr zufälliger Ergebnisse birgt (MG, E. IV.3.4; OG, E. 4.8; BGE, E. 4.5). Private Gutachten entbinden die Parteien nicht von der Substantiierungslast. Es genügt insbesondere nicht zu behaupten, ein Vergleichsobjekt weise „vergleichbare“ Eigenschaften auf wie das Mietobjekt, ohne diese Eigenschaften konkret zu umschreiben. Es entspricht nicht der Funktion des Beweisverfahrens, eine unvollständige Substantiierung zu beheben (MG, E. IV.3.3.2; OG, E. 8.3.3.2-6). Das Kriterium der vergleichbaren Lage kann grundsätzlich auch aufgrund der amtlichen Daten eines Geo-Informationssystems (GIS-Browser), kombiniert mit Erfahrungssätzen der Wissenschaft beurteilt werden, insbesondere was die Strassenlärm- Exposition eines Objekts betrifft (MG, E. IV.3.8.2 + 3.8.4 ff.; OG, E. 8.3, 8.4.3 und 8.4.4). Einzubeziehen sind auch die Grenzwerte der Lärmschutzverordnung (MG, E. IV.3.8.3; OG, E. 8.2.2). Für den Quartierbegriff ist in Zürich auf die 22 historischen Stadtquartiere abzustellen (MG, E. IV.3.7; OG, E. 7.3 - 7.10).

 

Kommt es mangels Nachweises einer bestimmten Vergleichsmiete zu einer gerichtlichen Mietpreisfestsetzung, steht dem Gericht eine breite Palette von Kriterien zur Verfügung, so u.a. der Rückgriff auf den zuletzt gültigen Mietzins des Vormietverhältnisses, aber auch auf amtliche Statistiken. Solche Statistiken können anders als bei der Bestimmung der Vergleichsmiete auch dann herangezogen werden, wenn sie die Vergleichskriterien von Art. 269a lit. a OR und Art. 11 VMWG nicht vollständig abbilden. Ältere Statistiken sind aufgrund von Indizes den aktuellen Verhältnissen anzupassen (MG, E. IV.3.14; OG, E. 9).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

26.08.2019

MA170003-L

OR 270
OR 269a lit. a

ZMP 2021 Nr. 11 (Fortsetzung des Falles)

OR 259a Abs. 1 lit. a; ZPO 261 ff.

ZMP 2020 Nr. 3: Vorsorgliche Massnahmen vor Rechtshängigkeit eines Verfahrens in der Hauptsache. Anweisung an den Vermieter zur Wiederherstellung der Sache nach einem Brand und Wiedereinweisung der Mieterin.

17.07.2019 | ET190017-L | Bezirksgericht Zürich | Einzelgericht Audienz
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Der Erlass vorsorglicher Massnahmen setzt neben einer glaubhaften Verletzung oder Gefährdung eines Anspruchs einen drohenden nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil und Dringlichkeit voraus. Die Massnahmen müssen überdies verhältnismässig sein (E. 4.1 und 4.3-4.8). Auch Leistungsmassnahmen sind grundsätzlich zulässig. Sie dürfen aber kein Definitivum schaffen, die Rechtslage mithin nicht präjudizieren. Sie setzen einen glaubhaft gemachten, besonders soliden Hauptsacheanspruch sowie eine sorgfältige Interessenabwägung voraus (E. 4.2.2). Geht es um die Beseitigung eines rechtswidrigen Zustands, schliesst die Massnahme die vorläufige Vollstreckung des Anspruchs mit ein. Hier ist auch eine Verpflichtung zu einem Tun möglich (E. 4.2.3 und E. 5.2).

Ein Brand im Mietobjekt macht die von den Vermietern geschuldete Hauptleistung nicht unmöglich, solange die Folgen des Feuers behebbar sind. Vielmehr liegt ein schwerwiegender Mangel an der Sache vor (E. 4.3.5). Kümmern sich die Vermieter nicht um die Behebung und geben sie keine hinreichenden Gründe für künftige Verzögerungen an, so verletzen sie ihre vertragliche Wiederherstellungspflicht (E. 4.3.6). Unter diesen Umständen ist eine Leistungsmassnahme die einzige Möglichkeit zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes. Eine Präjudizierung des Hauptsacheanspruchs droht jedenfalls dann nicht, wenn die Vermieter ihre Wiederherstellungspflicht und die Gebäudeversicherung den Schaden bereits anerkannt haben (E. 4.5.2). Ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil seitens der der Mieterin liegt insbesondere vor, wenn sie im Mietlokal zuvor ihr gesamtes Einkommen generiert hat, zumal jede Verzögerung der Wiederherstellung den drohenden Schaden vergrössert (E. 4.6.4). Daraus ergibt sich auch die Dringlichkeit des Gesuchs (E. 4.7.2). Bei längerer Untätigkeit der Vermieter ist auch die Verhältnismässigkeit der Massnahme gewahrt (E. 4.8.3-5). Die den Vermietern anzusetzende Frist hängt von den Umständen ab, namentlich vom Umfang der erforderlichen Arbeiten (E. 4.8.6-10).

 

Bezirksgericht Zürich

Einzelgericht Audienz

Urteil

17.07.2019

ET190017-L

OR 259a Abs. 1 lit. a; ZPO 261 ff.

OR 256, OR 259a, OR 259d

ZMP 2020 Nr. 9: Verschiebung der Unterhaltsverpflichtung von der Vermieterin auf die Mieterin. Rohbaumiete. Gleichwertigkeit mit der gesetzlichen Regelung als Voraussetzung für die Einhaltung des zwingenden Rechts. Beweislast.

17.06.2019 | MG180044-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Art. 256 Abs. 2 OR regelt die Grenzen der Gültigkeit sämtlicher Vereinbarungen, die von der gesetzlichen Rollenverteilung bezüglich der Verpflichtung zur Herrichtung der Sache zum vorausgesetzten Gebrauch und zu deren Unterhalt abweichen. Das Bundesgericht hat in BGer 4A_606/2015 vom 19. April 2016 zwar entschieden, dass die Mieterin die Beweislast dafür trage, dass sich die vertragliche Regelung im Vergleich zur gesetzlichen für sie nachteilig auswirke (MG, E. 3.2.3). Dies hing aber damit zusammen, dass die Mieterin im Präjudiz einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch eingeklagt hatte. Macht sie dagegen vertragliche Rechte geltend (Behebung von Mängeln, Minderung), hat die Vermieterin die rechtshindernden Tatsachen darzutun, die zeigen dass die getroffene vertragliche Regelung mit der gesetzlichen mindestens gleichwertig ist. Dies ist nicht nur dann zu verneinen, wenn sich der Nachteil sogleich einstellt. Auch eine blosse künftige, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mögliche Benachteiligung des Mieters stellt einen Verstoss gegen zwingendes Recht dar (OG, E. 3.3.3).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

17.06.2019

MG180044-L

OR 256
OR 259a
OR 259d

OR 271, OR 272, OR 273, ZPO 59, ZPO 235

ZMP 2020 Nr. 2: Rückzug der Kündigungsanfechtungsklage vor Schlichtungsbehörde und deren Wiedereinbringung vor Mietgericht. Gültigkeit Klagebewilligung. Berichtigung des Protokolls der Schlichtungsverhandlung. Kündigung aufgrund eines Sanierungsprojekts. Erstreckung des Mietverhältnisses.

06.03.2019 | MB180017-L | Bezirksgericht Zürich | Mietgericht
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Wurde im Protokoll der Schlichtungsverhandlung festgehalten, dass das Begehren um Anfechtung der Kündigung zurückgezogen wurde, erweist sich die Klagebewilligung, welche nur den Antrag auf Erstreckung des Mietverhältnisses enthält, deswegen nicht als ungültig, denn die Angaben für die Ausstellung der Klagebewilligung ergeben sich aus dem Protokoll (E. II.2.4.). Die Berichtigung des Protokolls ist unverzüglich nach Kenntnisnahme des vermeintlichen Fehlers bei der Instanz, über dessen Verhandlung das Protokoll erstellt wurde, zu beantragen. Dem Mietgericht ist es daher verwehrt, das Protokoll der Schlichtungsbehörde zu berichtigen. Die vom erstinstanzlichen Gericht zu prüfende Gültigkeit der Klagebewilligung kann folglich erst dort einsetzen, wo geltend gemacht wird, die Klagebewilligung widerspreche dem Schlichtungsprotokoll (E. II.2.5.). Die Wiedereinbringung des Antrags auf Anfechtung der Kündigung ist unter dem Gesichtspunkt einer Klageänderung aufgrund der materiellen Verwirkungsfrist von Art. 273 Abs. 1 OR nicht möglich (E. II.2.6.).

Wird das Mietverhältnis aufgrund geplanter Umbau- oder Sanierarbeiten gekündigt, muss ein genügend konkretes, umsetzbares und realitätsnahes Projekt vorliegen, welches nicht fern jeglicher greifbarer Realität liegt und aufgrund dessen beurteilt werden kann, dass die geplanten Arbeiten durch die Anwesenheit der Mieterschaft tangiert würden. Massgebend ist somit, ob das Projekt bzw. die Varianten soweit ausgereift sind, dass der Mieter abschätzen kann, ob eine Räumung des Mietobjekts erforderlich ist. Das Vorliegen von Plänen erweist sich ebenso nicht als notwendige Voraussetzung wie auch der Erhalt der Bewilligungen oder Hinterlegung von erforderlichen Dokumenten. Dass das geplante Projekt als nicht realitätsnah oder objektiv unmöglich erscheint, namentlich weil es ganz offensichtlich mit den Bestimmungen des öffentlichen Rechts unvereinbar ist, so dass die notwendigen Bewilligungen mit Sicherheit nicht erteilt werden, ist vom Mieter dazulegen sowie zu beweisen (E. II.2.6.8. ff.).

Eine 35-jährige Mietdauer macht eine Ortsverbundenheit glaubhaft und stellt insofern einen relevanten Faktor dar, als die Kündigung vom Mieter eine grosse Umstellung abverlangt. Von einer Ortsgebundenheit kann jedoch nur bei hinzukommenden Faktoren gesprochen werden, welche den Verbleib im Quartier erforderlich machen. Die Pflege von Sozialkontakten im Quartier, Arztbesuche in verschiedenen Stadtkreisen sowie die gewünschte Nähe zur notfallärztlichen Versorgung führen in der Stadt Zürich aufgrund des gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetzes und der in der ganzen Stadt gewährleisteten notfallärztlichen Versorgung vorliegend nicht zu einer Ortsgebundenheit (E. II.3.3.1.). Eine härtebegründende Situation auf dem Wohnungsmarkt ist zu verneinen, wenn das konkrete Angebot einer angemessenen Genossenschafts-Wohnung von den Mietern nur deshalb ausgeschlagen wird, weil sie den Bezug zwei Monate später wünschen, da sich der eine Mieter einer Operation aufgrund eines Leistenbruchs unterziehen musste und daher eineinhalb Monate über den Einzugstermin hinaus eingeschränkt war beim Heben von schweren Lasten (E. II.3.3.3.).

 

Bezirksgericht Zürich

Mietgericht

Urteil

06.03.2019

MB180017-L

OR 271
OR 272
OR 273
ZPO 59
ZPO 235